Meine Gedanken über Reflektion, über Kunst, Inspiration, Kreativität, und Veränderung, über den kritischen Blick auf das eigene Schaffen…

Kennt ihr auch das Gefühl auf der Stelle zu treten, immer das Gleiche zu fotografieren, sich nicht mehr zu entwickeln? So geht es mir gerade im Moment. Daran möchte ich etwas ändern, ich möchte mich frei machen von Likes und Anerkennung auf Sozial Media und mehr auf mein Herz hören und mehr mir selbst gerecht werden und das tun was mir Spaß macht und nicht was anderen gefällt.

Ich habe mir um die Jahreswende das Buch „Die Seele der Kamera“ von David duChemin gekauft und geradezu verschlungen. Ich glaube ich habe es an einem Wochenende nicht nur einfach gelesen sondern verschlungen. Gepaart mit den Aussagen von Robert Mertens in „Der Eigenen Blick“ haben mir die Augen geöffnet und dazu geführt, dass ich mich bewusst mit mir und mit meiner Fotografie auseinandergesetzt habe.

Ich schreibe diesen Blogbeitrag zum einen um mich gedanklich mit dem Thema noch einmal zu beschäftigen und zum Anderen um all diejenigen zu ermuntern auch einen neuen Weg einzuschlagen und sich aktiv mit der eigenen Fotografie auseinanderzusetzen.

Ich habe mich in der Vergangenheit immer einmal gefragt, was fotografiere ich wirklich mit Leidenschaft und habe mich von einigen Genres getrennt. Zum Beispiel Baby, Familien und Kinderfotografie – ich habe aufgehört Werbung zu machen und krampfhaft Aufträgen hinterherzurennen. Glücklicherweise bin ich in der komfortablen Situation auf das Geld aus der Fotografie nicht angewiesen zu sein, da sie nur ein Hobby mit Kleingewerbeschein ist. Hobby – das verbinde ich mit Ausgleich, mit Stressabbau, mit Zeit für mich, der Freude mich mit Gleichgesinnten auszutauschen und einfach Spaß zu haben. Genau dann brennt man vor Leidenschaft für das was man tut und das ist die Zutat um gute Bilder entstehen zu lassen. Diese Erkenntnis hat sich schon im letzten Jahr bei mir verfestigt.

Die liebe Technik…

Wie viele war für mich Technik immer extrem wichtig. Was habe ich für Geld ausgegeben, für das neueste Kameramodell, die schärfsten und besten Objektive. Ich habe glaube ich alles was der Markt so hergibt im Schrank. Mein Anspruch war „knackscharf“ und „perfekt“ musste das Bild sein.

Ich habe eine schöne Metapha gelesen, die Geschichte vom Schriftsteller – er muss wissen wie ein Stift funktioniert, aber wenn er eine Geschichte schreibt, tritt der Stift komplett in den Hintergrund. Das hat mir die Augen geöffnet. Das stimmt zu 100%. Es sind nicht die perfekten, photogeshopten Bilder die in Ausstellungen hängen, nein das sind die Bilder die Seele haben, die Ausstrahlung besitzen. Eine Erkenntnis die mir bewusst geworden ist, als ich mich mit mir und meiner Fotografie auseinandergesetzt habe.

Das führt unweigerlich zur Frage warum fotografierst Du eigentlich, was motiviert Dich? Was motiviert Dich seit über 10 Jahren immer wieder die Kamera in die Hand zu nehmen?

Es ist gar nicht so einfach das in Worte zu fassen. Für mich ist es wie oben schon geschrieben Entspannung, es ist der Wunsch nach Verwirklichung, vielleicht auch eine Lebensspur zu hinterlassen, es ist Ausgleich zum Job, es ist der Wunsch danach künstlerisch kreativ zu sein, sich mit Menschen zu umgeben, die das gleiche Interesse haben, soziale Kontakte zu pflegen, neue Menschen kennen zu lernen. Das fehlt mir in der Corona Zeit auch am Meisten.

Lehnt Euch einmal zurück und denkt darüber nach! Ich habe mir ein Schreibheft gekauft, einen Bleistift zum Anspitzen und habe angefangen mir Fragen zu stellen und die Antworten aufzuschreiben. Schreiben hilft Gedanken zu ordnen. Ich bin eigentlich ein digitaler Mensch, der lieber sein iPad benutzt. Aber auch das gehört dazu Dinge anders zu machen. Macht euch schöne Musik dazu an und beginnt darüber nachzudenken.

(Anmerkung am Rande, ich habe mich für ein Filofax Buch entschieden, da ich die Seiten herausnehmen kann und so recht flexible bin. Das Buch gibt es in A5 und A4. Ich habe lange hin und her überlegt, beides ausprobiert und bin letztendlich bei A4 geblieben. Beides hat aber vor und Nachteile. A4 ist größer, dafür kann man Mindmaps zum Beispiel besser zeichnen. A5 ist zum mitnehmen besser. Das muss letztendlich jeder für sich entscheiden. Wichtig ist, dass das malen und schreiben Spaß macht.)

Auch die Frage nach dem Künstler in dir ist erlaubt. David duChemin schreibt in seinem Buch über die Kunst – alles was beseelt ist, was lebt, was mich beim betrachten bewegt, mich zum Nachdenken anregt, mich herausfordert – das ist Kunst. Alles mit dem wir uns ausdrücken und was etwas von uns selbst in sich trägt ist Kunst. Es ist nicht gesagt dass es gute Kunst ist aber es ist Kunst. Jedes Bild enthält so viel von einem selbst. Wenn man einmal über diese Frage intensiv nachdenkt – ich entscheide über den Bildausschnitt, über das, was das Bild aussagen soll, über den Aufnahmewinkel, die Perspektive, über die scharfen und unscharfen Bildelemente und über den Moment des Auslösens. Vielleicht sind die Stilmittel nicht immer richtig gewählt oder unsere Ausdrucksweise ist nicht perfekt. Aber es ist Kunst und die liegt bekanntlich im Auge des Betrachters.

Kreativität

Ich habe mich entschieden bewusster zu fotografieren und mir mehr Gedanken über das Motiv und die Geschichte dahinter zu machen.

„Beim Sehen lernen, geht es nicht um geöffnete Augen, sondern um Aufgeschlossenheit“

Kunst ist unlösbar mir Kreativität verbunden. Ich hatte immer das Gefühl – mein Gott Lars, warum bist du nicht so kreativ wie andere. Warum bist Du nicht auf diese oder jene Bildidee gekommen. Wie machen das die anderen Fotografen. Bei einem Workshop Anfang 2020 mit Tobias Wirth zum Thema „Eye Contact“ wurde mir gespiegelt, Lars du machst technisch perfekte Bilder und ich glaube genau hierin liegt das Problem. Ich habe mich viel zu sehr auf die Technik konzentriert um das technisch perfekte Bild zu schießen und es später in Photoshop noch perfekter erscheinen zu lassen. Ihr erinnert Euch, das perfekte Bild findet man nicht in den Ausstellungen der Welt.

Ich habe mich mit dem Thema Kreativität ein wenig auseinandergesetzt. Eine Freundin und Trainerin im Bereich kreativer Techniken hat zu mir gesagt, dass es für Kreativität unerlässlich ist einen freien Kopf zu haben. Zwischen Tür und Angel wird es also nichts. Unser Gehirn trixt uns aus und versucht immer wieder in Altbekanntes zu verfallen.

Es geht also darum Dinge anders zu Denken, von anderen Seiten zu beleuchten und neue Wege zu gehen. Ich habe beispielsweise mit der analogen Fotografie begonnen. Fotografie wird durch die analoge Fotografie bewusster, entschleunigt, ist nicht sofort verfügbar, erzeugt Spannung, ist nicht perfekt. Nicht umsonst gibt es heute große Fotografen wie Vincent Peters, der es vorzieht analog zu fotografieren. Früher habe ich bei einem Shooting nicht selten in zwei Stunden 300 oder mehr Bilder geschossen. Heute sind es maximal 3 Filme mit je 10 Bildern. Meine Ausschußquote digital lag bei 80-90% heute liegt sie bei etwa 40%.

Ich bin gezwungen mir viel mehr Gedanken über das Motiv, den Bildinhalt, die Pose zu machen. Ich schaue einmal mehr in den Sucher, warte bis der Moment gekommen ist, bei dem der Ausdruck des Models meine Bildaussage unterstreicht.

Analog ist mein neuer Weg, den ich eingeschlagen bin. Dinge anders zu machen und anders zu Denken. Ich mache mir im Vorfeld Gedanken zum Shooting. Was will ich aussagen? Bei Kreativität geht es um nichts geringeres als um unsere Art zu Denken und wie wir unsere Gedanken in die Tat umsetzen. Wir haben einen Gedanken, machen etwas mit diesem Gedanken und dann führt uns dieser Gedanke zu neuen Gedanken. So entsteht ein kreativer Prozess.

Ich habe mir in meinem Notizbuch und auf dem iPhone ein Seite für Ideen eingerichtet, hier sammle ich alles was mir einfällt. Ich suche Inspiration in Liedtexten, bevorzugt von meancholischen Liedern, in Bildern anderer Fotografen, Ausstellungen, Bildbände und Galerien. Wenn mir ein Gedanke kommt, dann schreibe ich ihn mir auf. Oft sind Gedanken so flüchtig. Das können ganz unterschiedliche Themen sein. Gerade heute morgen habe ich ein Bild von Händen auf Instagram gesehen und spontan den Gedanken dazu gehabt – „Tanzende Hände“ Mal sehen wo mich dieser Gedanke hinträgt… Das Wichtigste ist es, Geduld zu haben und den Gedanken reifen zu lassen. Ich schaue immer wieder einmal auf meine Ideensammlung und ergänze neue Gedanken

Foto: (Instagram) charline lumiere

Bei der Kreativität geht es darum Gedanken miteinander zu verknüpfen. Es gibt auch keine schlechten Gedanken sondern nur Gedanken die noch unfertig und nicht zu Ende gedacht sind.

Ein Tipp eines Chefs, den ich vor vielen Jahren hatte war: „Fange gleich an!!!“ Alles was Du aufschiebst machst Du nicht. Was Dir im Weg steht, ist der Weg!

DuChemin schreibt, Ideen müssen nicht fertig sein, man kann sie in der Praxis weiterentwickeln. Also – Arbeitsbuch anlegen, Ideen sammeln, fotografieren, ausdrucken, reflektieren und die Idee weiterentwickeln. Wer spricht davon, dass man ein Shooting nicht auch ein oder zweimal wiederholen kann, bis das gewünschter Ergebnis vorhanden ist.

Als kleines Beispiel: Ich liebe nachdenkliche Portraits, daher habe ich mir ein passendes Überthema gesucht – „Sehnsucht“

Dann habe ich mir überlegt, mit was verbinde ich Sehnsucht?

Dann bin ich in Pinterest auf die Suche nach Moods gegangen

Ich wollte die „Sehnsucht“ in kleinen Bildserien ausdrücken. Mir gingen Gedanken durch den Kopf, wie Aufnahmen von Körperdetails (Hände, Hals, Kopf, gesenkter Blick). Ich habe mit meinem Model Musik besprochen, die uns beide in diese Stimmung versetzt, wir haben uns gemeinsam die Moods angeschaut und besprochen und erst dann haben wir angefangen zu fotografieren.

Diese Bilder sind beim Shooting entstanden. Im nächsten Schritt, habe ich mit etwas Abstand – schon allein zwischen dem Shooting und dem Entwickeln der Filme sind ein paar Tage vergangen – habe ich die Bilder ausgedruckt und mit der Selbstreflexion begonnen.

Ich habe die Bilder klein ausgedruckt, nebeneinander gelegt und mir Gedanken darüber gemacht.

Ich glaube Bildkritik ist ungeheuer wichtig. Dazu gibt es ein paar sehr hilfreiche Fragen.

Was versuche ich auszudrücken?
Regt das Bild meine Phantasie an?
Was gefällt mir gerade an diesem Bild besonders gut?
Warum gerade dieses Bild?
Schreibe auf, was dieses Bild für Dich ausmacht?
Achte auf die Linienführung, wie wird dein Blick geführt?
Was wäre passiert, wenn ich das Licht, den Bildausschnitt, die Perspektive verändert hätte?

Goethe hat wohl für die Selbstreflexion drei Fragen formuliert, die sehr helfen, die eigenen oder fremden Werke zu hinterfragen.

Was versucht der Künstler auszudrücken?
Diese Frage muss auf jeden Fall beantwortet sein.

War der Künstler erfolgreich damit?
Handwerklich, geschmacklich, haben die Perspektive, die Schärfeebenen, der Schärfeverlauf, der Ausschnitt diese Absicht unterstützt oder haben sie von der Aussage abgelenkt?

War es die Sache wert?
Bewegt mich das Bild? Öffnet es mir die Augen für Neues? Erinnert es mich an etwas? Bekomme ich Gänsehaut? Lässt es mich lachen oder weinen? Oder muss ich einfach nur wegrennen?

Dieses Vorgehen kann man bei eigenen Bildern, aber auch bei fremden Bildern anwenden.

Sich Ziele setzen

Zwischen den Jahren habe ich mich losgelöst und entspannt hingesetzt, das vergangene Jahr Revue passieren lassen und mir Gedanken über meine Fotografie im Jahr 2021 gemacht.

Ich arbeite dabei sehr gern mit Mindmaps. Dabei habe ich mir überlegt wie ich mich in diesem Jahr entwickeln will, welche Projekte ich umsetzen möchte, was ich für die Selbstvermarktung tue, welches meiner Motivatoren und welches meiner Challanges für 2021 sind.

Meine Lieben, ich hoffe ich konnte Euch mitnehmen auf meine Reise, ich bin gespannt wo sie mich hinführt… Hoffen wir mal das Corona uns bald wieder ermöglicht, ungezwungen unserem Hobby nachzugehen.

Ich hoffe der Beitrag hat Euch gefallen, dann freue mich über Kommentare. Und natürlich freue ich mich über ein Like oder wenn Ihr mir auf Instagram folgt.

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Hier noch einmal die beiden Bücher:

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